Bewusst entspannen

Winston Links | ask 2o13  Es gibt Menschen, die Ruhe nervös macht; Menschen, die den Sonntag – den Ruhetag – nicht leben können; Menschen, die sich vor sich fürchten – die fürchten, sich plötzlich mit sich beschäftigen zu müssen.

Jeder kann lernen, sich angstfrei zu begegnen und die belastenden Anforderungen eines komplexen Lebens positiv zu beeinflussen. Ein Weg ist sicherlich bewusstes Entspannen.

Auf körperlicher Ebene ist damit das Lösen von Muskelspannungen und eine Beruhigung des Atems gemeint.

Auf mentaler Ebene geht es um Wahrnehmen und „ziehen lassen“ von negativen Gedanken oder zwanghaften Sorgen.

Auf emotionaler Ebene geht es um Entwicklung größerer Gelassenheit, mehr Selbstakzeptanz, Konzentration und inneren Frieden.

Alle drei Ebenen – Körperempfindungen, Gedanken und Gefühle – beeinflussen sich gegenseitig und finden im Verhalten ihren Ausdruck. Allerdings: Ruhe lässt sich nicht ein- und ausschalten wie eine Lampe. „Wir brauchen Übergangsrituale – Handlungen die immer wiederkehren und über die man nicht nachdenken muss,“ so Karlheinz A. Geißler, emeritierter Professor für Wirtschaftspädagogik an der Universität der Bundeswehr in München und Zeitforscher. Als Beispiel nennt Geißler das Unkrautzupfen.

Von Atmen bis Yoga

Das Ziel bewusster Entspannung ist nicht, immer entspannt zu sein; Ziel ist es, Entspannungsfähigkeit zu entwickeln und die Lieblingstechnik/en in den Alltag zu integrieren. Ansonsten macht der regelmäßige Wechsel zwischen An- und Entspannung einen gesunden Lebensstil aus.

Welche Entspannungsmethode die jeweils richtige ist, lässt sich nur durch Experimentieren herausfinden. Den Möglichkeiten sind bekanntlich keine Grenzen gesetzt, hilfreich für die Entscheidung kann die Einteilung in Top-down-Verfahren und Bottom-up-Verfahren sein:

Top-down-Verfahren wie Autogenes Training, Meditation oder Feldenkrais lösen Entspannung über die Gedanken aus und wirken auf das vegetative Nervensystem (steuert alle Organfunktionen) und die motorische Muskulatur.

Bottom-up-Verfahren wie Progressive Muskelentspannung und Yoga wirken über bewusstes An- und Entspannen der Muskulatur auf das vegetative Nervensystem und die Gedanken.

Eines gilt für alle: Je ruhiger die Umgebung ist, umso besser. Wichtiger als eine Methodik an sich ist jedoch regelmäßiges Üben. Als optimal gelten 20 bis 30 Minuten täglich. Wer dies nicht einrichten kann, sollte zumindest versuchen, sich mehrmals zwischendurch fünf Minuten auf seine Atmung zu konzentrieren. Jedes noch so kurze Zentrieren wirkt positiv.

 


 

Geißler, Karlheinz A: Zeit – verweile doch … Lebensformen gegen die Hast. Herder 2oo2