Wie entsteht Gesundheit?

Gesundheit ist … für jeden etwas anderes. Die Ansichten darüber, welche Bedingungen über Gesundheit und Krankheit entscheiden, sind höchst unterschiedlich. Der persönliche Blick auf das Thema entscheidet weitgehend darüber, ob jemand für Verhaltensänderungen aufgeschlossen ist oder nicht. So werden Menschen, die davon überzeugt sind, dass Gesundheit überwiegend „eine Frage der Gene“ sei, sich kaum von Maßnahmen ansprechen lassen.

Seit längerem weisen internationale Studien darauf, dass die Gesundheitskompetenz des Einzelnen verbesserungsbedürftig ist. Inzwischen liegen auch für Deutschland erste Daten vor, die dies bestätigen. In dem interdisziplinären Feld der Gesundheitswissenschaften beschäftigen sich die Autoren des Standardwerks Gesundheitswissenschaft daher intensiv mit Fragen zum Gesundheitsbewusstsein und Gesundheitsverhalten. Das Spektrum an Vorstellungen ist insgesamt sehr groß. Häufige Aussagen lauten:

  • Gesundheit ist Schicksal: „Da kann man halt nichts machen …“
  • Gesundeit ist Folge von biologischen Prozessen: „Das Übel war sein Bluthochdruck.“
  • Gesundheit ist Folge von Umwelteinflüssen: „Wir haben ja so schlechte Luft in der Gegend.“
  • Risikofaktoren-Theorie der Gesundheit: „Sein Husten kommt vom Rauchen.“
  • Bewegungstheorie der Gesundheit: „Bewegung hält fit.“
  • Ernährungstheorie der Gesundheit: „Jeden Morgen ein Apfel und abends ein Glas Wein halten Leib und Seele zusammen.“
  • Theorie der Regeneration: „Wenn ich meinen Mittagsschlaf nicht habe, ist das sehr schlecht.“

Möglich, dass Gesundheit für Sie etwas ganz anderes ist. Für die meisten Ärzte ist Gesundheit ganz schlicht die Abwesenheit von Krankheit. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten haben sich in der Wissenschaft verschiedene Definitionen entwickelt, die vor allem gemeinsam haben, dass sie Gesundheit positiv definieren.

Positive Gesundheit

Der Begriff „positive Gesundheit“ beinhaltet Faktoren wie Lebensqualität, Handlungsfähigkeit, Emotionale Kompetenz, Rollenkompetenz und die Möglichkeit, das vorhandene Potential gleichzeitig zu erfüllen und zu erweitern. Außerdem:

  • Qualitativ hochwertige, vielseitige Ernährung
  • Körperliche und mentale Fitness durch Bewegung
  • Keine „Genussgifte“
  • Optimale Hirndurchblutung durch Bewegung und Entspannungstechniken
  • Genügend und guter Schlaf
  • Balance zwischen An- und Entspannung
  • Stressbewältigung
  • Seelisch-soziale Gesundheit durch Selbstwirksamkeit, Lebensfreude und Emotionale Kompetenz.

Es gibt auch Menschen, die sind und bleiben gesund – trotz harter Zeiten oder des Umgangs mit Leid. Was diese von jenen unterscheidet, die an Belastungen, Lebenskrisen und Schicksalsschlägen schwer erkranken oder zerbrechen, fasziniert Wissenschaftler seit jeher; die Frage ist mittlerweile weitgehend durch die Modelle der Salutogenese und Resilienz beantwortet.

Der eigenverantwortliche Mensch im Mittelpunkt

In diesen Konzepten steht der Mensch im Mittelpunkt seines Seins und kann nur dann selbstbestimmt wirken, wenn er die Welt mental, psychisch und auf der Handlungsebene als kohärent zu erleben vermag – unabhängig von Alter, Geschlecht oder Beruf und soweit möglich auch unabhängig von weiteren Bedingungen und Umständen. Das Gefühl der Kohärenz (Sense of Coherence, SOC) wiederum ist der zentrale Aspekt in der Salutogenese und meint das

Gefühl der Verstehbarkeit Fähigkeit, die Zusammenhänge des Lebens zu verstehen

Gefühl der Bewältigbarkeit Überzeugung, das eigene Leben gestalten zu können

Gefühl der Sinnhaftigkeit Glaube, dass das Leben einen Sinn hat

Diese Grundhaltung zum Leben ist hoch dynamisch: Einerseits muss sie sich regelmäßig an neuen Erfahrungen messen. Andererseits beeinflusst die Ausprägung des Kohärenzgefühls die Qualität von Erfahrungen. Das heißt letztlich, dass Grundhaltung und Erfahrungen einander wechselseitig bedingen. Daraus kann ein starkes Kohärenzgefühl wachsen, das stabil jegliche Umstände überdauert. Wollte man den Versuch unternehmen, dieses Prinzip auf eine Art Formel zu reduzieren, käme ein Kontinuum heraus, wonach der Mensch auf einer Achse mit den Polen gesund und krank unterwegs ist:

+/- SOC x Leben = +/- Gesundheit

Die zentrale Frage lautet deshalb: Wie wird ein Mensch mehr gesund und weniger krank? Hier schließt sich der Kreis zu den Ressourcen.
 

Zum Thema


Klahre AS: Nationale Kohorte: Was macht krank, was hält gesund? Alldieschoenenworte 2o14

 

Blättner B, Waller H: Gesundheitswissenschaft. Eine Einführung in die Grundlagen, Theorie und Anwendung. Kohlhammer 2o11